Vechta. Vechta/Henri-Chapelle– Im Rahmen ihrer 5. Militärhistorischen Exkursion nahm die Bundeswehr-Reservistenkameradschaft Vechta (RK Vechta) erneut an der Zeremonie zum Memorial-Day auf dem amerikanischen Ehrenfriedhof in Henri-Chapelle in Belgien teil. Jährlich gedenken die Amerikaner im Mai in aller Welt ihren gefallenen Soldaten. Erstmalig in der Geschichte legten deutsche und belgische Reservisten während der Zeremonie gemeinsam einen Kranz nieder, um der Opfer zu gedenken. Die Reservistenkameradschaft Vechta und der Freundeskreis der Reservisten Eupen-Malmedy-St. Vith (deutschsprachige Gemeinschaft Ostbelgien) setzten damit am Vortag der Europawahl ein deutliches Zeichen für eine grenzüberschreitende, europäische Kameradschaft.
Auf Einladung der AOMDA (American Overseas Memorial Day Association) reiste eine 18-köpfige Delegation der RK Vechta nach Belgien. Mit ihren belgischen Kameraden nahmen die Vechtaer Reservisten an der offiziellen Gedenkveranstaltung der Amerikaner teil, um der Ehrung der Toten des Zweiten Weltkrieges zu gedenken. Auf dem Soldatenfriedhof in Henri-Chapelle haben 8.000 US-amerikanische Soldaten ihre letzte Ruhestätte gefunden. Gemeinsam mit amerikanischen Kriegsveteranen, zahlreichen Offiziellen wie dem Vertreter des belgischen Königshauses, dem amerikanischen Botschafter sowie hohen Militärs repräsentierten die deutschen Reservisten offiziell die Bundeswehr. „Wiederholt zum Memorial Day eingeladen worden zu sein, war für uns eine besondere Ehre. Insbesondere freute es uns, dass wir gemeinsam mit unseren belgischen Kameraden ein Zeichen der Versöhnung setzen konnten“, so Unteroffizier der Reserve Alexander Esser, Vorsitzender der RK Vechta und Organisator der Exkursion.
Die Teilnahme am Memorial-Day fand im Rahmen der dreitägigen militärhistorischen Exkursion unter dem Titel „Grenzland in Flammen – Die Ardennenoffensive“ statt. Bereits im Jahr 2016 besichtigten die Vechtaer Reservisten im deutsch-belgischen Grenzgebiet die historischen Kampfgebiete und gedachten der zahlreichen Toten. Die Ardennenoffensive war die letzte Großoffensive der Deutschen im Zweiten Weltkrieg. Am 16. Dezember 1944 gingen drei deutsche Armeen im Osten von Belgien sowie in Teilen Luxemburgs überraschend gegen die amerikanische Armee vor. Der deutsche Angriff erschien anfangs erfolgversprechend, da die US-Truppen vollkommen überrascht wurden. Es zeigte sich schnell, dass kleine Gruppen entschlossener amerikanischer Verteidiger die deutschen Angriffsspitzen aufhalten konnten. In dem waldreichen Gelände verzögerte der amerikanische Widerstand den deutschen Vormarsch und ließ die Deutschen bereits wenige Tage später zur Verteidigung übergehen.
Exemplarisch für das erbitterte Ringen um jede Ortschaft steht der Kampf um den kleinen Ort Lanzerath (Battle of the Lanzerath Ridge). So machten sich die Reservisten am ersten Tag der Exkursion vor Ort ein umfassendes Bild von dem damaligen Schlachtgeschehen. Unter der Leitung von Marcel Vaessen, Adjutant der königlich-belgischen Armee und Mitglied im Königlichen Geschichts- und Museumsverein ZVS Eupen, wurde den Kameraden an den Originalschauplätzen verdeutlicht, mit welcher Härte und Brutalität die damaligen Kämpfe um wenige Meter Landgewinn geführt wurden. Auf bewegende und eindrucksvolle Weise schilderte Vaessen das damalige Geschehen. „Viele junge Männer ließen auf beiden Seiten während erbitterter Kämpfe ihr Leben. Obwohl der deutsche Angriff unvorhergesehen kam und noch einmal Leid in diese Region brachte, konnte er aufgehalten werden. Auch noch Jahrzehnte später sind diese Geschehnisse hier nicht vergessen, aber doch verziehen.“ Und mit Hinblick auf die bevorstehende Europawahl mahnte Vaessen: „Damit so etwa nie wieder geschieht, wählen Sie morgen für Europa.“
Als Anerkennung für seine völkerverbindenden Verdienste wurde Vaessen später mit feierlichem Zeremoniell mit einer Ehrenmitgliedschaft der RK Vechta geehrt.
Den ersten Tag ihrer Exkursion ließen die Reservisten aus Vechta gemeinsam mit ihren belgischen Kameraden mit einem gemütlichen Kameradschaftsabend in Henri-Chapelle ausklingen.
Der zweite Tag der Exkursion widmete sich der Besichtigung zweier herausragender Bauwerke der Eifel. Unter der Leitung von Hans-Josef Hansen besuchten die Teilnehmer zu Beginn das „Felsennest“ in Bad Münstereifel, das erste ortsfeste Führerhauptquartier des Zweiten Weltkrieges. Während des Westfeldzuges gegen Frankreich im Jahre 1940 nutzte Adolf Hitler das „Felsennest“ für mehrere Wochen als Hauptquartier. Eine weitere militärische Nutzung folgte erst im Jahre 1944 während der Ardennenoffensive, bevor es Anfang 1945 gesprengt wurde. Hansen, Autor des gleichnamigen Buches „Felsennest“, veranschaulichte den Teilnehmern auf eindrucksvolle Weise, mit welchem enormen Aufwand der Bau und Betrieb des Hauptquartiers errichtet wurde, von welchem heute nur noch vereinzelnde Bauten und Betonreste zeugen.
Mit der Besichtigung des ehemaligen atomaren Schutzbunkers und Ausweichsitzes der Landesregierung Nordrhein-Westfalen bei Kall beendeten die Vechtaer Reservisten ihr Exkursionsprogramm.
Fotos: Brackmann/Brassinne/Lienau/Neumann/Witte