Vechtaer Reservisten auf Exkursion in Arnheim

Vechta/Arnheim (Niederlande)
“Sie sind seit über 70 Jahren die erste Gruppe aus Deutschland, die diese Gedenkstätte besucht, das bedeutet mir sehr viel”, begrüßte mit zittriger Stimme und Tränen in den Augen Sophie Lambrechtsen-ter Horst (78) eine Abordnung der Reservistenkameradschaft Vechta. Sie ist die Tochter von Kate ter Horst, dem “Engel von Oosterbeek”, die während der Schlacht um Arnheim im September 1944 300 verwundete Soldaten in ihrem Haus im niederländischen Oosterbeek aufopferungsvoll pflegte. Seit Ende des Krieges kommen jedes Jahr zumeist britische Veteranen in den privaten Garten von Sophie Lambrechtsen-ter Horst und erinnern sich an die fürchterlichen Kämpfe zwischen den Alliierten und der deutschen Armee um die Brücken an Waal und Niederrhein. “Naturgemäß werden es immer weniger ehemalige Soldaten, die die grauenvollen Kämpfe erlebt haben”, erklärte die Niederländerin, “deshalb ist es umso wichtiger, dass die folgenden Generationen sich damit auseinandersetzen, damit eine solche Feindschaft in Europa nie wieder entsteht.”

Organisiert von Unteroffizier der Reserve Alexander Esser hatten sich die Bundeswehr-Reservisten aus Vechta sich zu einer Militärhistorischen Exkursion aufgemacht, um die Schauplätze der “Operation Market-Garden” und der Schlacht um die Brücke von Arnheim zu besichtigen und deren Opfern zu gedenken. Die “Operation Market-Garden” war der Versuch der alliierten Streitkräfte, im Spätsommer 1944 insgesamt sechs Brücken in den Niederlanden zu erobern, um ins deutsche Ruhrgebiet vorzustoßen. Allgemein bezeichnen Militärhistoriker den Plan, der vom britischen Feldmarschall Montgomery ersonnen wurde, als zu ehrgeizig und zu dilettantisch vorbereitet, was schließlich zum letzten Sieg der deutschen Wehrmacht und zu tausenden Toten und Verwundeten auf beiden Seiten führte.

Unter der sachkundigen Führung des niederländischen Militärhistorikers Erik van der Hoeven machten sich die Reservisten im ehemaligen Hauptquartier der Briten, der “Villa Hartenstein”, in der heute das “Airborne Museum” untergebracht ist, ein Bild von dem Verlauf der neuntägigen erbitterten Gefechte. Neben zahlreichen Exponaten vermittelt dort die “Airborne-Experience” die Heftigkeit und Dramatik der Kämpfe in und um Arnheim. Inmitten von nachgebauten Häuserruinen, originalem Militärgerät und lebensgroßen Figuren sorgen Licht- und Toneffekte dafür, dass die Besucher ein Gefühl für die lebensbedrohliche Situation entwickeln, in der die britischen Fallschirmjäger steckten. Denn bereits am zweiten Tag der “Operation Market Garden” befanden sich die britischen Luftlandetruppen in einer ausweglosen Lage und wurden von starken deutschen Verbänden eingekesselt. Es gelang nur einer britischen Einheit unter dem Kommando von Generalmajor John Frost die Brücke von Arnheim zu erreichen und diese wenige Tage zu halten. Leicht bewaffnete britische Fallschirmjäger gegen deutsche Panzerverbände machten es zu einem ungleichen Kampf. Die vom niederländischen Eindhoven anrückenden britischen Panzerverbände erreichten die heutige John-Frost-Bridge nicht rechtzeitig. Wegen der heftigen deutschen Gegenwehr und der zahlreichen Verluste an Mensch und Gerät, betitelten die Alliierten die Panzer-Vormarschroute als “Hell’s Highway”.

In Gedenken an die getöteten britischen und polnischen Soldaten und niederländischen Zivilisten legten die Reservisten am Mahnmal des “Arnhem-Oosterbeek-War-Cemetry” im Namen der RK-Vechta ein Blumengesteck nieder mit der Aufschrift “Den Toten zum Gedenken, den Lebenden zur Mahnung” auf schwarz-rot-goldener Schleife.
Den ersten Tag ihrer Exkursion beendeten die Reservisten aus Vechta mit der Besichtigung der Landungszone der britischen Luftlandearmee. 12 Kilometer von Arnheim entfernt in der “Ginkelse Heide” verloren viele Fallschirmjäger bereits unmittelbar nach dem Absprung durch das gnadenlose deutsche Abwehrfeuer ihr Leben.
Der zweite Tag der Exkursion widmete sich der “Schlacht im Klever Reichswald”. Dort tobten im Februar 1945 Kämpfe zwischen deutschen und überwiegend kanadischen Einheiten. Als Konsequenz aus der Niederlage in Arnheim, starteten die Alliierten einen Angriff auf breiter Front entlang der deutschen Reichsgrenze, so auch am Niederrhein im Großraum Kleve. Hauptfeldwebel der Reserve Mark Olaf Janssen von der Reservistenkameradschaft Straelen erläuterte den Gästen aus Vechta die Geschehnisse bei einer Wanderung durch den Reichswald. In Empfang genommen wurden die Vechtaer Reservisten von ihren Kameraden aus der Kreisgruppe Rhein-Ruhr, die eigens mit ihren ehemaligen Bundeswehrfahrzeugen angereist waren. Nach einer bewegenden Zeremonie mit dem Vortrag eines Gedichts, das ein deutscher Soldat über das Grauen der Schlacht im Reichswald verfasst hatte und einer Kranzniederlegung auf der Kriegsgräberstätte Kleve-Donsbrüggen, begaben sich die Reservisten auf die Rückreise von ihrer nunmehr dritten militärhistorischen Exkursion.

 

Text + Fotos: Esser/RK Vechta

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